Ein Flugschüler berichtet….

Dieser Artikel stammt aus der Feder unseres Clubmitglieds Gerhard Beer und erschien in der Firmenzeitung von Tyrolean Airways im Herbst 2005. Vielleicht schon ein historisches Dokument….

 

Ein „Flugschüler“ berichtet…
Faszination Modellhubschrauber

 

Um es gleich vorweg zu nehmen. Dieser Bericht handelt nicht von einem Flugschüler innerhalb unseres Unternehmens. Nein, es ist nicht die Rede von „ab initio“ Training, nicht von einem Dash- oder Fokker Typerating. Auch nicht CRJ.

Es handelt sich hier um den Bericht eines „Flugschülers“ der in die Welt der „kleinen Luftfahrt“ eingetaucht ist und dort das Ziel vorgenommen hat das Fliegen eines Modellhubschraubers zu erlernen.

Der Modellhubschrauber übt eine besondere Faszination aus. Wenn man ihn betrachtet ist man beeindruckt von der Mechanik. Er besitzt (fast) alles was ein großer Hubschrauber besitzt. Neben dem markanten Rotor die Taumelscheibe, Hillerpaddel, Gestänge, Heckrotor etc. etc.
Und das ist alles so schön in Miniatur ausgeführt. Nicht zu vergessen der Antrieb und die komplexe Elektronik zur Steuerung des Ganzen.

Doch nun der Reihe nach: Zuerst möchte ich mich kurz vorstellen: Mein Name ist Gerhard Beer, bin seit 1981 bei Tyrolean tätig und als Kapitän und Cheffluglehrer auf der F70/100 Flotte eingesetzt.

Am Beginn meiner fliegerischen Karriere stand das Bauen und Fliegen von Modellflugzeugen. Dies mit tatkräftiger Unterstützung, man könnte es auch Sponsoring nennen, meines Vaters. Wir waren ein gutes Team und konnten uns auch auf ein einigen Wettbewerben recht gut behaupten.
Als 17-jähriger verlies ich jedoch sehr zum Leidwesen meines Vaters die „Modellflugszene“ und wandte mich der „manntragenden“ Fliegerei zu.
Eine markante Erinnerung an jene Zeit, also vor rund 35 Jahren, sind für mich die damaligen Diskussionen in der Modellflugszene ob es wohl jemals möglich sein wird einen funktionstüchtigen Modellhubschrauber zu bauen und auch zu fliegen. Namhafte Experten waren da eher skeptisch…

Mein Schulhubschrauber mit Fernsteuerung

In den vergangenen Jahren habe ich beim Durchblättern von mir eher zufällig in die Hand gekommenen Modellflugkatalogen
mitbekommen, dass es inzwischen doch funktionierende Modellhubschrauber geben soll. Aber trotz voller Bewunderung über den technischen Fortschritt in der Modellfliegerei betrachtete ich das Kapitel als für mich abgeschlossen.

Bis zum vergangenen Frühjahr! Da nämlich präsentierte mir ein Freund auf seinem Notebook einen Modellflugsimulator. Ich war von diesem Programm sehr fasziniert und versuchte sofort ein Modellflugzeug zu steuern. Und siehe da, meine vor vielen Jahren erworbenen (Fernsteuer)-Reflexe waren schnell wieder aktiviert und es gelang fast mühelos so ein Modell zu fliegen. Aber irgendwie zog es mich gleich zu den Hubschraubern.

Mein Freund, im Fliegen von Hubschraubern schon recht geübt, zog eine perfekte Show ab. Das musste ich auch gleich probieren. Aber siehe da – im Gegensatz zu Flugzeugen die eigentlich immer nur vorwärts fliegen fliegt der Hubschrauber außer vorwärts auch noch rückwärts, seitwärts und diagonal. Und in der Luft stehen bleiben kann (könnte) er auch noch. Die Materie begann mich zu fesseln. Ja, ich will lernen das Ding zu beherrschen!! Der Virus sprang über!!

Und so dauerte es nicht lange bis der Postbote an meiner Türe klingelte und mir ein kleines Paket in die Hand drückte. Schnell war der Modellflugsimulator auf meinem Computer installiert und ich rieb mir die Hände. So, jetzt konnte es losgehen. Es wäre ja gelacht meinem Freund nicht beweisen zu können, dass ich so ein Ding auch länger als nur ein paar Sekunden fliegen kann. Ein intensives Training begann. Dabei wurde mir immer klarer warum das Modellhubschrauberfliegen unter den Modellflugsportlern als die Königsdisziplin bezeichnet wird. Aber mit der Zeit und viel Übung stellten sich die ersten Erfolge ein.

Jetzt so richtig auf den Geschmack gekommen dauerte es wiederum nicht sehr lange und der Postbote stand wieder vor der Türe. Dieses mal aber mit einem weitaus größeren Paket! Einen richtigen Modellhubschrauber! Ausgesucht und bestellt einzig und allein nach dem Studium eines schönen großen Farbprospekts!

Schnell stellte sich aber heraus, dass zwischen Simulatortheorie und der Wirklichkeit ein ziemlich großer Unterschied war. Zusätzlich musste ich feststellen, dass man in der Praxis gehemmter reagiert weil man dauernd an die Reparaturkosten denkt falls das Modell eine Bruchlandung bauen sollte. So gab es sehr bald nicht richtig dosierte Steuerbefehle und das Modell küsste ungebremst den Boden. Das ist mir gleich zweimal passiert. Als ich die Rechnungen für die Ersatzteile beglich wurde mir plötzlich ganz klar warum sich der Hersteller meines Modellhubschraubers so schöne bunte und doppelseitige Inserate leisten konnte.
Das wollte ich keinesfalls weiter unterstützen und legte mir ein vorläufiges Flugverbot auf.

Vom Wunsch beseelt in der Königsklasse des Modellfluges doch noch Fuß zu fassen beschloss ich eine Modellflugschule zu besuchen. Eine simple Kosten- Nutzenanalyse bestärkte mich bei diesem Entschluss.
Nun machte ich mich daran eine geeignete Modellflugschule zu finden. Doch siehe da – gut beleumundete Modellflugschulen waren auf Monate ausgebucht. Ich bekam den Eindruck, dass es fast schwieriger ist einen „Ausbildungsplatz“ als Modellflieger zu bekommen als eine Ausbildung zum Berufspiloten.
Hartnäckige Recherchen führten mich zur Modellflugschule Salzburg (www.modellflugschule.at). Nach dem Studium des Informationsmateriales entschied ich mich für diese Schule.

Bei der telefonischen Anmeldung lernte ich Marion kennen. Sie ist die gute Seele der Schule. Bei unserem Smalltalk stellte sich heraus, dass die Schule schon von einigen meiner tyrolean Kolleginnen und Kollegen besucht wurde.
Charmant tröstete sie mich darüber hinweg, dass der nächstmögliche Termin für mein fünftägiges Hubschrauber-Basisseminar halt knapp zwei Monate später ist.
Pro Seminar werden nämlich maximal drei Schüler aufgenommen. Damit sollte garantiert sein, dass das angestrebte Kursziel erreicht wird.
Vorab, das Warten hat sich gelohnt…

Am ersten Kurstag fand ich mich pünktlich um 09:30 am vereinbarten Treffpunkt ein. Der Treffpunkt war das der Schule angeschlossene Modellfluggeschäft mit Werkstatt. Dort lernte ich gleich die komplette „Mannschaft“ der Schule kennen.

Marion, die gute Seele der Modellflugschule

Da war Peter. Er ist der Besitzer des Ganzen und seit vielen Jahren Modellfluglehrer.

Dann lernte ich Marion kennen. Die angenehme Stimme vom Telefon. Sie ist eine attraktive aktive Modellfliegerin und fliegt sowohl Flugzeuge wie auch Hubschrauber. Hat ein großes Fachwissen und baut auch in der Werkstatt für Kunden Flugmodelle zusammen.
Last but not least….. Alex! Techniker und totaler Freak. Bei unserer Vorstellung stellten wir fest, dass wir uns ja schon seit vielen Jahren kennen. War doch Alex zuvor am Flughafen Salzburg beim Bodenpersonal tätig. Na, die Welt ist klein…..
Die nächste Stunde verbrachte ich nur damit um Bauklötze zu staunen. Ich wusste nicht wo ich im Geschäft und in der Werkstatt zuerst hinschauen sollte. So vieeeele tolle Sachen!! Was hat doch die Technik in der Modellfliegerei seit meinem Abschied vor 35 Jahren für einen Quantensprung gemacht! Mein erwachsenes Bubenherz schlug jetzt viel viel höher. Und eines war mir sofort klar: Hier sind absolute Profis am Werk.

Fluglehrer Peter mit einem turbinengetriebenen Lama

Als nächstes bezog ich meine Unterkunft. Ich wohnte in einem Bauernhof ganz in der Nähe des Modellflugplatzes. Also auch noch Urlaub auf dem Bauernhof. Ich musste Schmunzeln als ich die große Fliegenklatsche auf dem Tisch in meinem Zimmer sah. Aber nachdem ich ja keiner Fliege was zuleide tun kann blieb sie die ganze Woche unbenutzt.

Dann ging es aber los. Die Schule besitzt ein eigenes Fluggelände auf dem man ungestört trainieren kann. Die Anlage befindet sich ein paar Kilometer nördlich der Stadt Salzburg.
Zuerst erfolgte eine theoretische Einweisung, in unserem Fachjargon würde man sagen der „Technical Course“, am Schulhubschrauber statt. Die Geheimnise der Taumelscheibe sowie alle anderen Komponenten an einem Modellhubschrauber wurden besprochen. Weiters machte Peter eine Gefahreneinweisung. Die Gefahren eines Modellhubschraubers mit seinen drehenden Rotoren sind nicht zu unterschätzen.
Geflogen wird mit einer Lehrer-Schüler Funkfernsteuerungsanlage. Mein Schülergerät war über ein Kabel mit dem Gerät meines Lehrers verbunden. Der Lehrer kann entweder einzelne oder alle Steuerfunktionen an den Schüler übergeben. Sollte etwas schief gehen kann der Lehrer sofort übernehmen. Wie am Doppelsteuer im Schulflugzeug.

Als fliegerische Grundlage musste ich zu Beginn den stabilen Schwebeflug erlernen. Wir begannen mit der Steuerung der Taumelscheibe. Zuerst Nick- und dann Roll. Dann das Heck und zu guter letzt Pitch. Die ersten Schweissperlen kamen mir als ich dann alle vier Funktionen gleichzeitig zu steuern hatte.

Das Ganze machte auf mich den Eindruck einer riesigen Konzentrationsübung. Der Hubschrauber machte mit mir was er wollte. Er schwebte überall hin nur nicht dort wo ich ihn haben wollte. Ich war dann immer sehr froh wenn der Sprit zu Ende ging und der Hubschrauber gelandet werden musste. Das war nach zirka 15 Minuten Flugzeit.

Danach widmete sich Peter meinen Kurskollegen und ich konnte mich erholen. Anschliessend war ich wieder an der Reihe und so lief es von 10 Uhr vormittags und hatte am Abend open end. Erinnerungen kamen auf an meine Segelfliegerausbildung an der Bundessportschule Spitzerberg.

Da ich im Rahmen meiner Tätigkeit bei tyrolean sehr viel mit Fluglehrern zu tun habe war ich natürlich auch sehr neugierig wie mein Modellfluglehrer sein Wissen vermittelt. Und seine Professionalität gefiel mir. Neben dem Hubschrauber hatte er auch stets den Schüler im Auge. Sobald ich mich an den Steuerhebeln verkrampfte übernahm er das Steuer und ordnete Lockerungsübungen an.
Er vermittelte mit stets angenehmer Stimme immer genau die richtige Dosis an Wissen und kam immer zum richtigen Zeitpunkt mit neuen Aufgaben. Mir wurde nie fad.

Eine willkommene und interessante Abwechslung war wenn Peter Modelle seiner Kunden einflog. Sehr interessant zu sehen war was für Leute hierher zu Peter dem Guru pilgerten. Von Pensionisten bis zu den Chefs von namhaften Firmen war alles dabei.
In dieser Woche konnte ich einige interessante Bekanntschaften machen. Aber nichts desto trotz war Peter stets auf die Ruhe seiner Schüler bedacht. Nie lies er den Trubel zu groß werden.

Am zweiten Tag war weiterhin Schwebeflug angesagt. Es war aber schier zum verzweifeln wo mein Hubschrauber überall hinschweben wollte. Ich stand da wie ein Häufchen Elend und hegte langsam Zweifel ob ich das Kursziel wohl auch schaffen werde. Auch fing mich der Gedanke ob ich wohl zu meinen Flugschülern auch so geduldig bin wie Peter zu mir.
Resümee des Tages: „SI“ („should improve“ oder im klassischen Schulnotensystem ausgedrückt eine „4“).

Am dritten Tag hat es plötzlich „Klick“ gemacht. Ich bekam die Taumelscheibe zunehmend unter Kontrolle und der Hubschrauber schwebte wirklich schon ungefähr dort wo ich wollte. Aber Peter wartete schon mit der nächsten Spezialität auf. Jetzt war „Wandern mit dem Hubschrauber“ angesagt. Den Hubschrauber möglichst in Augenhöhe vor uns schwebend marschierten wir auf dem Modellflugplatz von einem Ende zum Anderen. Und siehe da – auch das funktionierte.

Am Abend gab es wieder einen gemütlichen Hock in der Werkstatt. Es wurde fachgesimpelt und es gab viele interessante Dinge und Entwicklungen zu sehen und zu hören.

Der vierte Tag gehörte den „Heckkreisen“. Hubschrauber in Augenhöhe halten und 360 Grad nach links und auch nach rechts führen. Heck immer schön zum Piloten. Das ist die Vorbereitung zum Rundflug.

 

Techniker Alex montiert eine Lama

Alex hatte inzwischen meinen eigenen Hubschrauber, denn ich ja schon zweimal beschädigt und wieder aufgebaut hatte, „generalüberholt“ und bestmöglich eingestellt. Jetzt konnte ich mit ihm mein bisher erlerntes Programm fliegen.
Jetzt wo ich schon mehr von Hubschraubern verstand hielt sich aber die Begeisterung über mein Gerät in Grenzen. Zudem war ich wegen den überhöhten Ersatzteilpreisen immer noch beleidigt. Also wurde mein Gerät ein Fall für das wohlbekannte Internet-Auktionshaus wo ich ihn inzwischen relativ gut absetzen konnte.

Fluglehrer Peter mit Schüler beim Prüfungsflug

Jetzt war der Zeitpunkt gekommen bei Peter einen für mich maßgeschneiderten Elektrohubschrauber zu bestellen. Schon tagsüber ließ mich Peter verschiedene Modelle ausprobieren und ich glaubte den Richtigen gefunden zu haben. Beim Gespräch vor dem Kaufabschluss hatte ich zeitweise den Eindruck ich kaufe einen Mercedes. Rundum Beratung über Ausstattung, Motorisierung, Regler, etc.etc. Kaffee wurde serviert. Ich konnte erahnen wie sich Hr.Messner fühlen mag wenn er Flugzeuge einkauft…
Drei Wochen später habe ich das „Baby“ abgeholt. Die Übergabe wurde richtiggehend zelebriert. Da könnte sich ja selbst Mercedes noch was abschauen…..
Und es fliegt einfach super!!

Ach ja, da war ja noch der fünfte Kurstag. Wiederholungen und Grundlinienfliegen waren angesagt. Weiters bekam ich meine „Hausaufgaben“ vermittelt. Und dann war noch der Abschlusstest. Sehr schwierig aber lösbar. Peter war hochzufrieden und meinte bei der Übergabe des Diploms, dass ich den guten Ruf der Tyrolean keinesfalls beschädigt hätte und er sich viele solche problemlosen Flugschüler wünschen würde. Das war eine extra Auszeichnung!

Es war eine absolut schöne Woche. Schönes Wetter, schöner Bauernhof und den Einstieg in die Königsklasse dank hervorragender Leute geschafft. Und es war ein Erlebnis zu sehen wie hochprofessionell hier die Leute auch in der „kleinen Luftfahrt“ arbeiten. Wie bei uns!

Ich freue mich schon auf das nächste Seminar. Thema: Nasenschweben und Rundflug.

 

Gerhard Beer
Cheffluglehrer Fokker 70/100